06.03.2023 | In „Das Johannesevangelium – Eine textlich-strukturelle Auslegung“ | von Freddy Baum
{8} Nikodemus kommt zu Jesus (Joh. 3,1-21)
Und niemand ist in den Himmel hinaufgestiegen, außer dem, der aus dem Himmel herabgestiegen ist, des Menschen Sohn, der im Himmel ist. (SLT 1951)
Die Erklärung beruht auf Versen des Johannesevangeliums, die mit Joh. 3,13 textlich-strukturell und inhaltlich zusammenhängen.
Der um den Empfang des „ewigen“ Lebens willen erfolgende Hinabstieg des Menschensohns aus dem Himmel wird in der Bitte des gläubigen Menschen dargestellt, Jesus möge nach Kapernaum hinabsteigen, um das Leben seines Sohnes zu retten.
Paradoxerweise stieg Jesus in den Jerusalem-Kosmos hinab, damit er dort am Pfahl („Kreuz) von Golgatha erhöht werden konnte, was wiederum, tiefer gesehen, den kürzesten Weg hinauf zum Vater darstellt.
Die Erhöhung dessen, der in ein Berggebiet hinaufstieg, sie ist ein Bild auf seine „Himmelfahrt“, spiegelt sich im Niederlassen der vielzähligen Menge wider, die Jesus von oben her speiste.
Trotz der Bitte des adligen Beamten kam Jesus nicht nach Kapernaum herab, sondern dies tat der zuvor zu ihm hinaufgestiegene Vater des Geheilten, was symbolisch bedeutet, dass Jesus gewissermaßen „im Himmel“ blieb und von dort aus in seiner ihm vom Gott-Vater gegebenen Autorität über Leben und Tod entschied.
Der Glaube des Amtsträgers war also ein Glaube an den göttlichen Ursprung Jesu und der daraus resultierenden Vollmacht, denn er wusste, dass man im Bereich des Irdischen nichts nehmen kann, es sei denn, es wird einem aus dem Himmel gegeben.
Das lebende Wort „materialisiert“ sich, wenn es aus dem Himmel hinabkommt. Es wird irdische „Lebens-Realität“.
Der Vater des Geheilten trug es in seinem Herzen nach Kapernaum hinab, wo er es in seiner äußeren Erfüllung als real vorfand.
Der vom königlichen Staatsdiener erbetene Hinabstieg Jesu um der Belebung willen zeigt sich im Hinabstieg des Engels zum Teich Bethesdas, der die Heilung der dort anwesenden Kranken ermöglichte. (Da Krankheit Todeswesen ist, bedeutet ihrer Heilung eine Erweckung zum Leben.)
Da Jesus aber nicht nach Kapernaum hinabstieg, sondern allein sein Wort ausreichte, damit der königliche Beamte glaubte und dessen Sohn gerettet wurde, übersteigt dieser Glaube den Glauben, der aus irdischen Zeichen und Wundern herrührt.
Ebenso genas der Kranke Bethesdas nicht, weil ihn ein Mensch in das Wasser warf, sondern weil er dem Himmelswort Jesu Glauben schenkte.
Im Joh. 3,1-21 betreffenden Chiasmus steht in Joh. 3,3*Joh. 3,10-15 der Erkenntnis des himmlischen Reiches Gottes der Hinaufstieg zu ihm inhaltlich gegenüber.
Um jedoch das Reich Gottes sehen zu können, muss man vorher von oben her „erwerden“, d. h. vom Himmel her gezeugt und geboren werden :Joh. 3,3:.
Dementsprechend ist es, um in den Himmel hinaufsteigen zu können zuvor notwendig, aus dem Himmel hinabgestiegen zu sein :Joh. 3,13:.
Dieser Hinabstieg ist also eine Zeugung von oben her.
Die Wahrnehmung des Reiches Gottes ist der Hinaufstieg in den Himmel.
Allein der von oben gezeugte Hinabgestiegene kann das Himmlische des wesenhaften Reiches bereits auf der Erde schauen.
Nur er ist schon jetzt in dieses Reich versetzt :Kol. 1,13:.
Allein er kann das, was er dort erkannte und sah dem finsteren Kosmos („Jerusalem-Welt“) mitteilend bezeugen :Joh. 3,11:, also das Himmlische auf der Erde sprechen :Joh. 3,12:.
Joh. 3,13+29 (Joh.*Offb.) Offb. 21,2
Im Kapitel "Das Herz des Johannesevangeliums" wird auf den Vorwurf des Antisemitismus und Antijudaismus eingegangen.