13.05.2024 | In „Das Johannesevangelium – Eine textlich-strukturelle Auslegung“ | von Freddy Baum
{37} Das Todesurteil Jesu durch die Juden (Joh. 18,28-Joh. 19,16) + 27.05.2024 | Die Frage nach den Autoritäten (Auslegung von Joh. 19,1-16)
Von da an suchte Pilatus ihn freizugeben. Aber die Juden schrieen und sprachen: Lässest du diesen frei, so bist du nicht des Kaisers Freund; denn wer sich selbst zum König macht, der ist wider den Kaiser! (SLT 1951)
Die Erklärung beruht auf Versen des Johannesevangeliums, die mit Joh. 19,12 textlich-strukturell und inhaltlich zusammenhängen.
Einerseits ist der Kaiser das Gegenbild des himmlischen Vaters, denn die Juden bezichtigten Pilatus, kein Freund des römischen Herrschers zu sein, wenn er Jesus die Freiheit schenkt, der Sohn wird aber nicht vom Kaiser geliebt, sondern von Gott, anderseits wird das Wort des Kaisers dem Wort Jesu gegenübergestellt, denn die Juden, die Jesus töten wollten, gaben der himmlischen Lehre keinen Raum, schätzten aber offenbar das irdische Wort des Kaisers, denn sie warfen Jesus vor, dem damaligen „Weltherrscher“ Widerwort zu geben, sodass der Regent Roms auch das Gegenteil des Sohnes ist.
Pilatus stand also vor der Wahl, ein Freund Jesu und damit ein Freund des den Herrn liebenden Gott-Vaters zu sein oder, als ein Freund des Kaisers, den Sohn und damit auch Gott zu hassen (an die zweite Stelle zu setzen).
Da die Juden den Kaiser lieben (an erster Stelle setzen), sind sie das genaue Gegenteil derer, die den Herrn lieben, z. B. des den Sohn liebenden Johannes. Sie sind die Braut des Anti-Regenten. Sie sind die hurerische Anti-Stadt des Antichristus.
(Siehe hierzu den Artikel „Die große Babylon und ihr Bräutigam“ und dort vor allem das Kapitel „Die Identifizierung des Tieres als der jüdische Messias“.)
Hätte Pilatus dem Wort Jesu Glauben geschenkt, also sein höheres Überleben gesucht, dann hätte er sich auch automatisch gegen das Wort des Kaisers gerichtet. Er hätte sich an die Seite dessen gestellt, der dem Kaiser Widerwort gab und wäre in seiner irdischen Existenz gefährdet gewesen.
Der Statthalter stand also vor der Wahl zwischen dem himmlischen Wort Gottes aus dem Mund des Lammes (Jesus) und dem irdischen Anti-Wort des mit der Hure Babylon verbundenen damaligen Tieres (Kaiser).
Laut dem Chiasmus in Joh. 18,28-Joh. 19,16 spiegelt sich Joh. 18,33-38a in Joh. 19,8-12 inhaltlich wider.
Ebenso wie das Reich des Christus nicht aus dieser Welt ist :Joh. 18,36:, sondern aus dem Himmel stammt, wurde auch Pilatus‘ Autorität „von oben“ gegeben :Joh. 19,11:.
Jesus sprach nicht davon, ein König zu sein, sondern er stellte lediglich fest, dass Pilatus von ihm sagte, er sei ein König :Joh. 18,37:.
Ganz anders, behaupteten die anklägerischen, fälschenden Juden, Jesus habe sich selbst zum Regenten über ihre „Welt“ gemacht :Joh. 19,12:.
Der römische Statthalter stammte hingegen aus der Wahrheit, denn er hörte die wahre Stimme Jesu und fürchtete Gott :Joh. 18,37; Joh. 19,8:.
Das himmlische Reich der zukünftigen Welt des Herrn beginnt erst, wenn die 7. Posaune erschallt :Offb. 11,15:. Deshalb konnte Jesus Pilatus gegenüber nicht bestätigen, ein König zu sein.
Ein Regent im gegenwärtigen irdischen Bereich war Jesus sowieso nicht und er wird es auch nicht sein :Joh. 18,36:.
Dass Pilatus den Herrn darauf hinwies, die Autorität zu haben, ihn freizulassen :Joh. 19,10:, entspricht laut dem Chiasmus in Joh. 19,1-16 dem Umstand, dass er danach trachtete, Jesus freizulassen :Joh. 19,12a:.
Der Juden Forderung nach dem Tod des sich angeblich selbst zum Sohn Gottes machenden Jesus :Joh. 19,7: steht laut dem Chiasmus in Joh. 19,1-16 der Drohung gegenüber, Pilatus möge den sich angeblich selbst zum König machenden Jesus nicht freilassen :Joh. 19,12b:.
Hierbei entspricht die imperative Schuldbindung der Juden ihrem kein Widerwort duldenden Gesetz gegenüber, also ihre Gesetzesliebe, der von ihnen von Pilatus für den Kaiser geforderten politischen Freundschaft.
Der Imperator gleicht also dem Gesetz der Juden und Pilatus wird in die analoge Rolle der gehorsamen Juden hineingenötigt.
Der sich selbst zum Sohn Gottes und zum Regenten machende Jesus nahm also, aus der Sicht der Juden, durch sein Tun und Sprechen unerlaubter Weise die Position des Gesetzes und des Weltherrschers ein.
Hingegen erfüllte der Herr das Gesetz auf Golgatha vollkommen, und auch dem Kaiser gab er kein Widerwort, da die Autorität Jesu eine „von oben“ stammende war, ist und bleibt.
Tatsächlich ist Jesus das höhere Gesetz des Lebens und der Gnade und er ist der König aller Regenten.
Im Kapitel "Das Herz des Johannesevangeliums" wird auf den Vorwurf des Antisemitismus und Antijudaismus eingegangen.