09.07.2024 | In „Das Johannesevangelium – Eine textlich-strukturelle Auslegung“ | von Freddy Baum
{41} Der Tod Jesu (Joh. 19,28-30)
Ende der Mikrostruktur {41} Der Tod Jesu (Joh. 19,28-30)
Als nun Jesus den Essig genommen hatte, sprach er: Es ist vollbracht! Und er neigte das Haupt und übergab den Geist. (SLT 1951)
Die Erklärung beruht auf Versen des Johannesevangeliums, die mit Joh. 19,30 textlich-strukturell und inhaltlich zusammenhängen.
Dadurch, dass Jesus den Essig nahm und danach, zur Vergebung der Sünde derer, die an ihn glauben in den Tod ging, indem er seinen Geist aushauchte, d. h. ihn opferte, war es später möglich, dass er, als der Auferstandene, seinen Jüngern den heiligen Geist schenkte, indem er sie mit ihm anhauchte, sodass sie ihn empfangen konnten und dadurch die Vollmacht erhielten, die Sünden anderer Menschen zu vergeben.
Dass der Essig in das Innere des Leibes Jesu hineingenommen wurde, also seine Aufnahme in „das Eigene“, entspricht einerseits dem Umstand, dass Jesus „genommen“ und weggeführt, also in das „jüdische“ Gericht des Todes durch Pilatus ausgeliefert wurde, es spiegelt sich textlich aber auch darin wider, dass Johannes Maria mit „hinein“ zu den Eigenen (Angehörigen) nahm (sie wurde gewissermaßen von Johannes „weggeführt“), sodass ihre Hinzunahme zur „Gnade Jahwes“ (dies bedeutet der Name „Johannes“) eine Folge des Opfertodes Jesu ist.
Diese Tatsache gilt für uns alle: Der Tod Jesu, das Gericht an ihm, wurde für uns zum Leben in der Gemeinschaft derer, die an die Gnade Gottes wirklich glauben.
Die Opferung des Geistes Jesu am Kreuz von Golgatha war für ihn der einzige Weg, um die Autorität zu erlangen, den ihm „aus“ dem Vater gegebenen Beiseiterufer, den Geist der wesenhaften Wahrheit, seinen Gläubigen hinabzusenden, d. h. ihnen den wesenhaften Frieden Gottes zu geben.
Ebenso wie der Geist Jesu aus ihm herausging, kam der heilige Geist aus dem Vater heraus.
Der den Geist Jesu empfangende Gott entspricht also dem den Geist der Wahrheit (des Vaters) empfangenden Sohn bzw. solchen, die durch ihn an diesem Geschenk Gottes teilhaben.
Die diesbezügliche inhaltliche Reflexionsmitte ist Golgatha und die Auferstehung Jesu.
Indem der Herr auf Golgatha die Schrift vollendigte, bezeugte er die Wahrheit Gottes.
Zwar gab Jesus seinen Nachfolgern den heiligen Geist bereits vor Golgatha durch die Reden des himmlischen Vaters, denn er besaß die überreiche Fülle der Gottheit, jedoch konnte er damals den Frieden Gottes noch nicht in dem Maße übermitteln, wie es ihm nach seiner Kreuzigung und Auferstehung möglich wurde, denn die wesensmäßige Lebensherrlichkeit erwächst aus dem Tiefenweg des Getreidekorns.
Dass Jesus am Kreuz das Haupt neigte und dann seinen Geist gab, entspricht textlich-strukturell dem Umstand, dass ihm zuvor eine Dornenkrone auf das Haupt gesetzt wurde.
Der Beginn seines Passionsweges spiegelt sich also in dessen Ende wider.
Es steht zwar nicht in der Bibel geschrieben, aber wahrscheinlich fiel die Dornenkrone vom Kopf Jesu, als er ihn senkte und starb.
Laut Joh. 19,28-30 spiegelt sich Joh. 19,28 in Joh. 19,30 wider.
Dass Jesus erkannte, „alles sei schon vollendigt worden“ :Joh. 19,28: entspricht seinem späteren Zeugnis, dass diese Vollendigung faktisch erfolgte :Joh. 19,30:.
Hierbei geht es um die vollständige Erfüllung der Schrift. Zu ihrer Vollendigung, d. h. zur kompletten Erfüllung der das Werk des Herrn betreffenden Prophetie gehörte, dass er Durst verspürte :Joh. 19,28: und dieser Durst mit Essig gestillt wurde :Joh. 19,30:. Danach war der Auftrag Jesu erfüllt, sodass er, das Haupt neigend, seinen Geist verlorengeben konnte.
Joh. 19,30 [D41] <Joh. 20,29*> Offb. 1,14 [D41]
Im Kapitel "Das Herz des Johannesevangeliums" wird auf den Vorwurf des Antisemitismus und Antijudaismus eingegangen.