27.05.2024 | In „Das Johannesevangelium – Eine textlich-strukturelle Auslegung“ | von Freddy Baum
{38} Die Kreuzigung Jesu (Joh. 19,17-22)
Beginn der Mikrostruktur {38} Die Kreuzigung Jesu (Joh. 19,17-22)
Und er trug sein Kreuz selbst und ging hinaus zur sogenannten Schädelstätte, welche auf hebräisch Golgatha heißt. (SLT 1951)
Die Erklärung beruht auf Versen des Johannesevangeliums, die mit Joh. 19,17 textlich-strukturell und inhaltlich zusammenhängen.
Dass Jesus das Kreuz ergriff, um es zu einem anderen Ort, nämlich nach Golgatha zu tragen, steht der späteren Vermutung Maria Magdalenas inhaltlich gegenüber, der vermeintliche Gärtner könnte den Leichnam Jesu angefasst und an einem anderen Platz beigesetzt haben.
Dies erklärt die scheinbar umständliche Formulierung „und mittels sich selber den Pfahl fassend“ in Joh. 19,17 (DÜ), denn der vermeintliche „Gärtner“ war Jesus.
Laut Marias Aussage hätte sich der Sohn also aus der Gruft ebenso selbst „enthoben“ (fortbewegt), wie er „durch sich selbst“ das Kreuz erfasste (es „enthob“) und fortbrachte.
Der Umstand, dass Marias „Rabbuni!“ („Lehrer“) aus dem Hebräischen übersetzt wird, bestätigt den vorliegenden strukturellen Zusammenhang, denn Golgatha („Des Schädels Ort“) wird in Joh. 19,17 nicht zufälliger Weise ebenfalls aus dem Hebräischen widergegeben.
Golgatha, der unreine Ort des Todes, des Feuergerichts der Totenschädel und Totengebeine (sehr wahrscheinlich auch des dort von David vergrabenen Totenschädels Goliaths), spiegelt sich im liebevollen Ausruf Marias wider, als sie erkannte, dass ihr Meister und Gott lebte.
Der Garten Gethsemane mit der neuen Gruft befand sich im Bereich des Ortes der Kreuzigung Jesu. Er ist der Ort des Auferstandenen und sowohl der Gegen-Ort Golgathas als auch das Gegenüber des Jerusalemer Tempelberges, aus dem der Herr hinauskam, um zur Schädelstätte zu gelangen.
Dieses Hinausgehen Jesu aus dem kosmischen Ort der Juden (Jerusalem), entspricht seinem Hinauskommen aus dem Prätorium, als ihn Pilatus den Juden vorführte.
Es gleicht seiner Hinausführung zu Pilatus‘ Gerichtspodium, das in Richtung auf Golgatha lag.
Jesu Gang nach Golgatha spiegelt sich auch darin wider, dass Petrus ursprünglich draußen, außerhalb des Hofes des Hohepriesters war und auch Johannes kurzzeitig dorthin zu Petrus hinauskam.
Der Ort der gesetzlichen Juden wird demnach in diesem Hof der satanischen (= anklägerischen) „Geistlichkeit“ dargestellt.
Weil Jesus mit seinem Kreuz in die Mitte des Ortes der Anpfahlung hinauskam, es bis nach Golgatha trug und dort unser Gericht auf sich nahm, also bis zum Tod „schwach“ wurde, sind wir von der Sünde geheilt.
Der Sieg unseres Herrn befähigt uns, unserer „Liegematte“ umherzutragen und darin der Welt zu zeigen, dass Jesus für uns starb, denn durch sein Opfer sind wir nicht mehr schwach („krank“), sondern haben das Auferstehungsleben Gottes.
Der höchste Liebesbeweis für den Herrn, das größtmögliche Glaubenszeugnis für ihn vor der Welt ist jedoch ihm in seinem Tod nachzufolgen, wie es z. B. Petrus tat, der darin Gott verherrlichte.
Dass der Herr sein Kreuz trug, spiegelt sich darin wider, dass wir das Zeugnis seines Sieges über den Tod in unserem Leib umhertragen und darin der Welt zeigen, dass Jesus kein „Arzt“ ist, der das Todeswesen lediglich verwaltet (wie es die Mediziner in allen Zeiten taten und tun), sondern ein göttlicher Heiler zum „ewigen“ Leben.
Die „Krücken“ und „Liegen“ unserer alten Gefangenschaft tragen wir nur deshalb mit uns herum, damit Babylon sieht, was der Herr an uns tat, als er das Kreuz nach Golgatha trug.
Wir gehen aus der Mitte des Ortes der Pseudoheilung und seiner Menschenmengen hinaus (irdischer Tempel der Gesetzesgläubigen), weil wir ausgerechnet dort von der gnadenvollen Heilung und Sabbatheiligung in Person (Jesus Christus) erfasst wurden, als wir hinüber nach Golgatha blickten.
Joh. 19,17+18; Offb. 22,2
Im Kapitel "Das Herz des Johannesevangeliums" wird auf den Vorwurf des Antisemitismus und Antijudaismus eingegangen.