Dieser kam des Nachts zu Jesus und sprach zu ihm: Rabbi, wir wissen, daß du ein Lehrer bist, von Gott gekommen; denn niemand kann diese Zeichen tun, die du tust, es sei denn Gott mit ihm! (SLT 1951)
Die Erklärung beruht auf Versen des Johannesevangeliums, die mit Joh. 3,2 textlich-strukturell und inhaltlich zusammenhängen.
Dass laut Nikodemus' Aussage die Pharisäer wegen der Zeichen Jesu erkannten, dass dieser von Gott gekommen sein muss, entspricht der Feststellung des Täufers, der nach ihm kommende, von den Pharisäern nicht erkannte Auserwählte Gottes sei größer als er selbst und dem Zeugnis der Samariterin am Brunnen Jakobs, zu erkennen, dass das Sprechen Jesu dem gleicht, was in Samaria über den erhofften kommenden Messias gekündet wird.
Auch solche, die das Zeichen der Speisung der vielzähligen Menge sahen, bezeugten, dass Jesus wirklich der in die Welt kommende Prophet ist.
Die dieses Zeichen Jesu sehenden vielen Menschen entsprechen den seine Zeichen sehenden Pharisäern.
Der als Lehrer nach Israel Kommende ist der in den Kosmos („Jerusalem-Welt“) kommende Prophet.
Hierbei steht Nikodemus zur Samariterin in einem scharfen Kontrast, denn diese von den Juden geringgeschätzte "Ausländerin" glaubte wegen des Wortes Jesu, die jüdischen Pharisäer waren hingegen Zeichengläubige, denn der in Israel hoch geachtete Nikodemus gab wegen der Zeichen des Herrn Zeugnis.
Zur Gegenbildlichkeit des Nikodemus und der Samariterin gehört auch die Uhrzeit ihres Kommens zu Jesus: Vmtl. war es Mitternacht, als Nikodemus bei Jesus vorsprach und die Samariterin kam um 12 Uhr mittags (6. Stunde der Lichtzeit) zu ihm an den Brunnen Jakobs.
An Punkt „Mitternacht“, der 6. Stunde der Nacht, am Höchststand der Finsternis, liegt der Same des Lebens begründet, denn hier fängt das Licht an sich „einzumischen“, um schließlich beim Aufgang der wesenhaften Sonne (Jesus Christus) zum Tag anzuwachsen. Das an Nikodemus ergehende Mitternachtswort Jesu siegt deshalb über die babylonische Nacht des Feindes.
Die von Nikodemus erkannte Stärke in den Zeichen des Herrn, die der Pharisäer so interpretierte, dass Jesus von Gott gekommen sein musste, ist das Gegenteil davon, dass Jesus die Schwäche dessen sah, der am Teich Bethesdas lag und dem Gott augenscheinlich nicht beistand.
Dies birgt eine gewisse Ironie, wenn man weiß, dass Nikodemus diesem Schwachen Bethesdas entspricht und Jesus eben durch den Weg in die Todestiefe der Schwachheit auf Golgatha siegte, als ihn Gott verlassen hatte, also nicht mehr mit ihm zu sein schien.
Der Herr bemängelte in Joh. 4,48 die „jüdische“ Bedingung des Sehens von Zeichen und Wunder, um an ihn zu glauben, denn die von Jesus bezeugte Voraussetzung, ihn als das wesenhafte Reich Gottes erkennen zu können, ist eine andere, nämlich eine Geburt von oben her.
Laut dem Herrn muss etwas „über-irdisches“ im Inneren des Menschen geschehen. Nicht ein äußeres Zeichen ist entscheidend.
Das eigentliche große Wunder ist die Zeugung durch den heiligen Geist in die Kindschaft der himmlischen Söhne Gottes hinein.
Dies geschieht durch das „geistgeschwängerte“ Wort Jesu, das in die Herzen der Hörer gelangt.
Zu Joh. 3,1+2, siehe Joh. 3,16-21.
Joh. 3,2 [D32] <Joh. 3,34*> Joh. 4,30+31 [D32+33]
Joh. 3,2 (Joh.*Offb.) Offb. 21,23-25
Im Kapitel "Das Herz des Johannesevangeliums" wird auf den Vorwurf des Antisemitismus und Antijudaismus eingegangen.