23.07.2024 | In „Das Johannesevangelium – Eine textlich-strukturelle Auslegung“ | von Freddy Baum
{42} Die Grablegung Jesu (Joh. 19,31-42)
Darnach bat Joseph von Arimathia (der ein Jünger Jesu war, doch heimlich, aus Furcht vor den Juden), den Pilatus, daß er den Leib Jesu abnehmen dürfe. Und Pilatus erlaubte es. Da kam er und nahm den Leib Jesu herab. (SLT 1951)
Die Erklärung beruht auf Versen des Johannesevangeliums, die mit Joh. 19,38 textlich-strukturell und inhaltlich zusammenhängen.
Nikodemus, Josef von Arimathia und Petrus haben gemeinsam, dass sie Jesus in ihrer Furcht vor den Juden ursprünglich nur heimlich trafen, sich vor ihren Bedrängern verbargen bzw. sogar leugneten, seine Jünger zu sein.
Petrus verleugnete Jesus, um sich selbst zu schützen :Mt. 16,25:.
Er glaubte, sich vor den Juden inmitten der „Höhle des Löwen“ verbergen zu können.
Wie auch bei Josef und Nikodemus der Fall zeugt dieses Verhalten von einer Kompromissbereitschaft Babylon gegenüber. Es besteht die Hoffnung, Jesus „nachzufolgen“, sein „Jünger“ zu sein, ohne dadurch den Hass der „Welt“ empfangen zu müssen. Wer jedoch den breiten Weg Babylons geht, wird im Glauben ungöttlich lau.
Hingegen sprach Jesus im Jerusalem-Kosmos stets frei und offen, denn er fürchtete die Menschen nicht, sondern strebte die Herrlichkeit des Gott-Vaters an. Die Juden ängstigten ihn nicht.
Nicht nur die oben genannten, sondern auch die anderen Jünger Jesu waren nicht fehlerlos, denn sie fürchteten die Juden, obwohl sie Jesus liebten.
Sie entsprechen dem unvollkommenen Petrus, der den Herrn liebte. Jesus rehabilitierte sie alle. Er tat dies nicht nur bei Kephas, dem „Felsen“ seiner Gemeinde.
Schließlich bekannten sich Nikodemus, Josef und Petrus zu Jesus in ihrem Tun öffentlich und dienten dem Herrn mit allem, was sie hatten. Sie waren vorbildliche Nachfolger Jesu.
Josef von Arimathia bat Pilatus darum, den toten Leib Jesu vom Kreuz abnehmen zu dürfen. Darin outete er sich dem antichristlichen Jerusalem-Kosmos gegenüber als jemand, der freimütig an Jesus glaubte.
Er zeigte der „Welt“, dass er seine eigene Seele nicht an die erste Stelle setzte. Die „Welt“ (der Jerusalem-Kosmos) sollte wissen, dass für ihn ihr Gewinn ein Verlust war.
Der Umstand, dass der nackte Körper Jesu vom Pfahl hinabgenommen wurde, spiegelt sich textlich darin wider, dass man ihn dorthin hinaufgesetzt hatte.
(Da im Hebräische „nackt“ („arom“) und „listig“ („arum“) dasselbe Wort ist :1.Mose 3,11:, war die Anpfahlung der nackten Jesus-„Schlange“ am Kreuz von Golgatha laut Joh. 3,14, 1.Kor. 2,7+7 und 1.Kor. 3,19 die weisheitsvolle Antwort Gottes auf die List der („nackten“) Satan-Schlange im Garten Eden.)
Das Hinabnehmen Jesu vom „Kreuz“ steht auch dem Maria Magdalena angekündigten Hinaufstieg Jesu zu Gott inhaltlich gegenüber, sodass sich die schändliche Erhöhung des Sohnes auf Golgatha in seiner in Herrlichkeit erfolgten Erhöhung in den Himmel gegenspiegelt.
Außerdem steht die Wegnahme („Enthebung“) Jesu vom Kreuz textlich-strukturell damit in Verbindung, dass Maria glaubte, sein toter Leib sei aus der Gruft entwendet (weggetragen) worden.
Josefs und Nikodemus' öffentliche Bekenntnisse sind deshalb so bemerkenswert, weil sie zum Sohn Gottes standen, als er bereits gestorben war und in den Augen der „Welt“ (und leider auch vieler seiner Nachfolger) als ein Versager und falscher Prophet galt.
Ausgerechnet als viele „Gläubige“ meinten, sich in Jesus geirrt zu haben :Lk. 24,21:, blieben sie ihm treu.
Ausgerechnet dann glaubten sie an Jesus und bekannten anderen Menschen gegenüber ihre Verbundenheit zu ihm, was ein krasse Kontrastparallele zu ihrem früheren Verhalten darstellt.
Nicht allein das laute „Quaken“ einer gesetzlichen (Babylon-) Magd interessiert nun niemanden mehr :Joh. 18,17:, sondern die „Welt“ konnte und kann die Gläubigen Jesu in ihrer ganzen Autorität nicht mehr beeindrucken und ängstigen :Röm. 8,31; 1.Joh. 4,4:.
Ähnliches gilt auch für die drei Marias (die Mutter Jesu, Maria Magdalena und Klopas Frau), die am Kreuz Jesu standen.
In ihrem mutigen Tun bekannten sie alle: „Ja, ihr intriganten Töchter Babylons! Fragt uns ruhig. Wir sind's. Ja, wir sind Nachfolgerinnen Jesu Christi und wir sagen euch auch gerne drei Mal hintereinander, wer unser Herr ist!“
Die Frauen standen dem Sohn in seiner größten Not öffentlich bei.
Sie hatten an seiner Schande Anteil, denn sie bekannten sich dem Jerusalem-Kosmos gegenüber als Anhänger dessen, der zutiefst anstößig war und allgemein verachtet wurde.
Die drei Marias bezeugten ihren treuen Glauben an Jesus, als ihn die Welt für vergeblich hielt. Josef von Arimathia hatte ebenfalls ihren kompromisslosen Geist.
Im Kapitel "Das Herz des Johannesevangeliums" wird auf den Vorwurf des Antisemitismus und Antijudaismus eingegangen.