25.09.2023 | In „Das Johannesevangelium – Eine textlich-strukturelle Auslegung“ | von Freddy Baum
{26} Die Heilung eines Blindgeborenen (Joh. 9,1-41)
Jesus antwortete: Weder dieser hat gesündigt, noch seine Eltern; sondern damit die Werke Gottes an ihm offenbar würden! (SLT 1951)
Die Erklärung beruht auf Versen des Johannesevangeliums, die mit Joh. 9,3 textlich-strukturell und inhaltlich zusammenhängen.
Joh. 7,3+4 [D56+57] <Joh. 8,7*> Joh. 9,3-5 [D55-57]
Joh. 7,3 Daher ´sagten seine d Brüder zu ihm: ´Schreite weiter von dannen und gehe* weg* hin das JuUDAe´A, auf dass auch deine d Jünger die Gewirkten* schauen*, wdie du tust.
Joh. 7,4 Denn nicht e i n e r, der etwas im Verborgenen tut, sucht, selber im Allfließen* zu sein; wenn du diese tust, offenbare* dich selber dem Kosmos*. (56+57)
Joh. 9,3 Da antwortete JESuU´S: Weder dieser ´verfehlte noch seine d Eltern, sondern deshalb ist's, auf dass die Gewirkten* Gottes imittels ihm offenbart* werden´.
Joh. 9,4 Uns ist bindend, zu wirken die Gewirkten des mich Sendenden, solange es Tag ist; es kommt die Nacht, alsdann vermag nicht e i n e r zu wirken.
Joh. 9,5 Wann ich gleichsam in dem Kosmos* bin´, bin ich Licht des Kosmos. (55-57)
Wenn man das „daher“ in Joh. 7,3 nicht allein darauf bezieht, dass die Brüder Jesu ihn anlässlich des damaligen Laubhüttenfestes dazu aufforderten, nach Judäa hinaufzusteigen und sich dort dem Kosmos
(= irdisches Jerusalem) zu offenbaren, sondern bedenkt, dass Jesus nicht nach Judäa wandeln wollte, weil ihn dort die Juden umbringen wollten :Joh. 7,1:, muss das Ansinnen der Verwandtschaft Jesu als diabolisch gewertet werden, denn der Teufel ist der Menschenmörder von Anfang an :Joh. 8,44:.
Die Brüder Jesu erwiesen sich als Söhne Satans im Geist des Bösen, als sie den Herrn dazu aufforderten, nach Jerusalem zu gehen, obwohl und weil sie wussten, dass er dort sterben würde.
In ihrer List gleichen sie den Schriftgelehrten und Pharisäern im textlichen Zentrum des vorliegenden Versvergleichs, denn sie forderten Jesus dazu heraus, sich in seiner Macht öffentlich zu offenbaren.
Sie begründeten ihren Appell damit, dass er nicht im Verborgenen handeln soll, sondern in Freimut und vor vielen Menschen :Joh. 7,4:.
Ihre satanische (= anklägerische) Veranlagung erkennt man daran, dass sie Jesus Lichtscheue unterstellten. Sein Handeln im Verborgenen zeige, so die Frevler, eine böse Gesinnung :Joh. 7,4:.
In Wirklichkeit und ironischerweise ist Jesus aber das Licht der Welt, das die bösen Werke der Ankläger offenbart :Joh. 9,5; Joh. 7,7; Joh. 8,7:.
Als solche, die das göttliche Licht ablehnten, waren es die Kosmischen, die im Finsteren, d. h. im Verborgenen aktiv waren.
Die diabolischen Ankläger des Herrn waren also ihres eigenen Anklagepunktes schuldig.
Jesus enthielt der Welt sein Licht nicht vor, sondern der Jerusalem-Kosmos lehnte die „Sonne Gottes“ ab :Joh. 1,4+5+10:, weil sie sein verborgenes Tun zu offenbaren drohte.
Da die Brüder des Herrn in Wirklichkeit nicht an ihn glaubten, wie Joh. 7,5 zu entnehmen ist, wollten sie seine öffentliche Überführung erreichen.
Ihre an ihn gerichtete Aufforderung war also ebenso eine Versuchung, wie die Angehörigen der Jerusalemer Pseudogeistlichkeit Jesus öffentlich auf die Probe stellten, als sie zu ihm eine Ehebrecherin brachten :Joh. 8,6:.
In beiden Fällen war es das Ziel der Ankläger, Jesus zum Sprechen zu bewegen und ihn darin öffentlich „festzunageln“.
Tatsächlich bestand sein Werk in Joh. 8,7, dem Zentrum der spiegelgleichen Struktur von Joh. 7,3+4*Joh. 9,3-5, darin, dass sich Jesus der „Welt“ als das scheinende Licht des himmlischen Gotteswortes offenbarte :Joh. 7,4; Joh. 9,5:.
Hier erwies sich sein Wort als das Werk des ihn sendenden Gott-Vaters. Es wurde öffentlich als das alles, bis in den letzten Winkel der Herzen durchleuchtende Werk des Tages geschaut :Joh. 7,3; Joh. 9,3-5:.
In diesem Vergleich entsprechen die Jünger Jesu der sündigen Frau, denn die ungläubigen Brüder Jesu verlangten von ihm, sich um seiner Nachfolger willen dem Kosmos („Jerusalem-Welt“) zu offenbaren, damit diese seine Werke schauen.
Die genetisch-leiblichen Brüder Jesu standen aufseiten des sie nicht hassenden finsteren Jerusalem-Kosmos :Joh. 7,7 und erwiesen sich darin als Leibesglieder der großen Hure Babylon.
Sie sind das Gegenteil der geistig-leiblichen Brüder Jesu, die zur von der gegenwärtigen Welt gehassten himmlischen Brautstadt Jerusalem und ihrem durchstrahlenden Licht des Tages gehören.
Ebenso wie die Jerusalemer Jünger ein Anreiz waren, Jesus in die Falle zu locken, diente die sündige Frau den ungläubigen Schriftgelehrten als ein Köder, um Jesus dazu zu veranlassen, für sie öffentlich einzustehen, jedoch darin zu scheitern, zu fallen und schließlich in den Tod zu gelangen.
Die Bezeichnung „ungläubig“ ist hier auf die Einstellung zum Herrn bezogen, denn ungläubig ist jemand, der die Göttlichkeit Jesu ablehnt, auch wenn er noch so „fromm“ daherkommt und von „Jesus“, „Gott“, „Glaube“, „Werke“, „Gnade“ und „Liebe“ spricht und auf seine Zugehörigkeit zum „Volk“ oder zur „Familie“ Gottes pocht.
Dass in Joh. 7,3+4*Joh. 9,3-5 Sünde und Gericht ebenso wie in Joh. 8,1-11 das Thema sind, zeigt sich in Joh. 9 darin, dass sich die Jünger nach der Sünde des Blindgeborenen bzw. seiner Eltern erkundigten :Joh. 9,1+2:.
Dass Jesus ihnen jenseits ihres Denkens in der Kategorie des Gesetzes entgegnete :Joh. 9,3:, entspricht seinem Statement in Joh. 8,7, als der Herr den Gesetzischen eine Antwort gab, die ihr natürliches Verstehen nach dem Gesetz von Saat und Ernte um Dimensionen überstieg.
Er offenbarte nämlich der „Welt“ das auf Gnade beruhende, auf die Rettung des Sünders vor Sünde und Gericht abzielende Tun des Gott-Vaters, das Jesus auf Golgatha vollendigte :Joh. 8,11; Joh. 17,4:.
Die Rettung und Bewahrung der Sünderin entspricht also der Heilung des von Geburt an Blinden.
(Der inhaltliche Bezug von Joh. 9,3-5 zu Joh. 8,1-11 ist auch darin gegeben, dass die Gesetzischen unmittelbar zuvor danach trachteten, Jesus zu steinigen :Joh. 8,59:.)
Ein solches Werk vermag allein Gott zu vollbringen, sodass sich Jesus der bösen Welt gegenüber als der von Gott gesandte Gott offenbarte :Joh. 1,18:.
Der vom Gott-Vater geschickte Sohn wird im sehend machenden Teich Siloah (= Entsandter) dargestellt :Joh. 9,7:.
Wir, die Jünger Jesu, nehmen diese Gnadenantwort des zum Leben auferstandenen allumfassenden Lebensgebers wahr.
Der blinde Jerusalem-Kosmos flieht hingegen vor diesem Licht und bleibt umnachtet :Joh. 8,9; Joh. 9,40+41:.
Im Kapitel "Das Herz des Johannesevangeliums" wird auf den Vorwurf des Antisemitismus und Antijudaismus eingegangen.