08.05.2023 | In „Das Johannesevangelium – Eine textlich-strukturelle Auslegung“ | von Freddy Baum
{17} Die Reden äonischen Lebens (Joh. 6,60-71)
Wie denn, wenn ihr des Menschen Sohn dorthin auffahren sehet, wo er zuvor war? (SLT 1951)
Die Erklärung beruht auf Versen des Johannesevangeliums, die mit Joh. 6,62 textlich-strukturell und inhaltlich zusammenhängen.
Diejenigen, die sich an der göttlichen Person Jesu stießen und gegen den Herrn murrten, weil sie nicht ertragen konnten, dass er das aus dem Himmel hinabgestiegene wesenhafte Himmelsbrot des Gott-Vaters war, sollten seine Identität spätestens dann begreifen, wenn er dorthin zurückkehrt, woher er herkam.
Dann würden sie möglicherweise erkennen, dass sein Wort nicht „hart“ (unannehmbar) und problematisch war, sondern klar und wahr.
Diese Erkenntnis der himmlischen Autorität dessen, der in den Himmel hinaufsteigt, entspricht dem Umstand, dass die Jünger Jesus auf dem Galiläischen Meer (See Genezareth) herumwandeln sahen, sodass sie eine große Furcht überfiel.
Erst in seiner räumlichen Trennung von ihnen erkannten sie das Vollmaß seiner göttlichen Vollmacht.
Seine geistig-leiblichen Brüder (die Jünger) zurücklassend, stieg der Menschensohn bei seiner „Himmelfahrt“ zum Ort seiner Herkunft hinauf, nämlich zur himmlischen Stadt Jerusalem :Gal. 4,26:.
Diese Stadt Gottes steht in einem scharfen Gegensatz zum irdischen Jerusalem, zu dem die genetisch-leiblichen Brüder des Herrn „hinaufstiegen“, als sie von Jesus weggingen :Gal. 4,25:.
Der strukturelle Kontext zu Joh. 6,62 zeigt, dass es hier um die Orientierung dessen geht, der als König der Könige und Herr der Herren über allem steht, weil er der von oben kommende Himmlische ist.
Er und diejenigen, die zu ihm gehören, weil sie seine Leibesglieder sind, richten sich auf ihre „überirdische“ Heimat in der Höhe aus.
Die von unten und aus der Erde stammenden „Kosmischen“ orientieren sich hingegen anders.
Als Angehörige „Babylons“ (also des irdischen Jerusalem) sprechen die Irdischen „aus der Erde“.
Als solche, die fleischlich-materiell sind, murren sie gegen das ihnen gänzlich widrige und fremde Himmelsbrot Gottes.
Hingegen werden sie den zu ihrer Stadt aus dem Abyssus hinaufsteigenden Anti-König und sein „weiches“ Wort lieben :Offb. 9,11; Ps. 55,22:.
Das Ziel des jeweiligen Hinaufstiegs, also die beiden grundverschiedenen Jerusalem, offenbart die Herkunft und das Wesen derer, die hinaufkommen.
Man gehört entweder der Höhe des Himmels oder der Tiefe der Erde an. Die Orientierung der Menschen verrät ihre Identität.
Im Kapitel "Das Herz des Johannesevangeliums" wird auf den Vorwurf des Antisemitismus und Antijudaismus eingegangen.