17.04.2023 | In „Das Johannesevangelium – Eine textlich-strukturelle Auslegung“ | von Freddy Baum
{14} Die Speisung der vielzähligen Menge (Joh. 6,1-15)
Als nun die Leute das Zeichen sahen, welches Jesus getan hatte, sprachen sie: Das ist wahrhaftig der Prophet, der in die Welt kommen soll! (SLT 1951)
Die Erklärung beruht auf Versen des Johannesevangeliums, die mit Joh. 6,14 textlich-strukturell und inhaltlich zusammenhängen.
Die mit Joh. 6,14 strukturell verknüpften Versstellen haben die Erkenntnis des himmlischen Lebensgebers wegen seiner Zeichen, den hieraus resultierenden Glauben und das öffentliche Bekenntnis seiner Identität gemeinsam.
Nachdem ihm das Zeichen des auf Jesus hinabsteigenden Geistes gezeigt wurde, bezeugte Johannes der Täufer das in die Welt kommende Lamm Gottes.
Seine Hörer, der Evangelist Johannes und Petrus' Bruder Andreas, sahen den Aufenthaltsort Jesu, erkannten die Identität des Herrn, glaubten an den Erlöser und bekannten ihn als ihren Messias.
Als er die von Jesus vollbrachten Zeichen sah, bezeugte selbst der Pharisäer Nikodemus, dass derjenige, der zu ihm sprach ein von Gott kommender Lehrer ist.
Dass der todkranke Sohn eines in Kapernaum tätigen Amtsmannes nicht starb, sondern lebte, war ein großes Zeichen, das dazu führte, dass er und sein ganzes Haus an Jesus glaubten, nachdem sie das prophetisch angekündigte Wunder gesehen hatten.
Der vom Herrn Geheilte Bethesdas glaubte an den Sohn Gottes und machte den Juden die Identität Jesu bekannt.
Wegen seiner aufsehenerregenden Reden „ewigen“ Lebens (sie wurden als ein großes Zeichen empfunden) wurde Jesus von seinen Jüngern als der „Heilige Gottes“ bezeichnet. Sie hatten ihn kennengelernt, glaubten an ihn und verließen ihn nicht.
Des Herrn reiche Speisung der ihm nachfolgenden Menschen gleicht seinem Lehren in Freimut, sodass das Sehen seiner Zeichen dem wahren Hören seiner Reden entspricht.
Wegen dieses Wunders bezeugten die Gesättigten, dass Jesus der von Gott in die Welt kommende und zu ihr sprechende zu erkennende Prophet und Lehrer ist, d. h., sie bekannten ihn als das von oben kommende wahre Licht des Jerusalem-Kosmos, das die Wahrheit des von ihm beim himmlischen Vater Gehörten spricht.
Das größte Legitimationszeichen der Autorität Jesu ist jedoch, dass er sich von Gott als das Opferlamm für das Leben der Welt geben ließ.
Dieser Weg in die Todestiefe Golgathas ist die Erfüllung des prophetischen Vaterwillens, die abschließende Krönung des Redens und Tuns Jesu in der Welt.
Alle hier genannten Wunder Jesu zielen inhaltlich auf diesen Beweis der Liebe Gottes zur Welt ab.
Der Pfahl („Kreuz“) von Golgatha ist das bedeutsamste Mahnzeichen der göttlichen Identität des Herrn als der Erlöser des Kosmos („Jerusalem-Welt“).
Dem Verspaar Joh. 6,1-4*Joh. 6,12-15 ist im Chiasmus von Joh. 6,1-15 gemeinsam, dass eine vielzählige Menge Jesus deshalb nachfolgte, weil sie seine Zeichen sah, der Herr sich ihr aber entzog, indem er in ein Berggebiet floh.
Jesu Zeichen an den Schwachen in Tiberias :Joh. 6,1: entsprechen also dem Zeichen der Sättigung der 3000 bzw. 5000 Männer „im Liegeort in dem Ort“ laut Joh. 6,10ff.
Aus der vorliegenden textlichen Spiegelgleichheit lässt sich ableiten, dass Jesus vom („himmlischen“) Berggebiet hinabstieg, um die Hungrigen zu speisen.
Deren Liegeort entspricht der Stadt Tiberias (= Tiberius Ehrende; e: die den Überhütter Ehrende) :Joh. 6,1+10:.
Der Umstand, dass Jesus und seine Jünger auf dem Berggebiet platznahmen :Joh. 6,3:, spiegelt sich möglicherweise darin wider, dass diejenigen, die sich zum Mahl niederlegten niederließen :Joh. 6,10:.
Im Kapitel "Das Herz des Johannesevangeliums" wird auf den Vorwurf des Antisemitismus und Antijudaismus eingegangen.