In einem anderen Brief heißt es:
"... Das junge Mädchen ist ein feines, kluges Geschöpf, aber in so großer Dunkelheit. Sie steht unter einer schweren erblichen Belastung. Sie hat sich von Kindheit an in eine Traumwelt mit stark sinnlichem Einschlag eingesponnen und kann nun nicht mehr los davon. Sie ist gläubig und sieht nun alles klar, klagt sich hart an, aber sie kommt nicht los. Eben kann sie nicht einmal beten. Sie sagt mir: 'Ich habe oft versucht, loszukommen; dann stellte sich mir aber eine solche Mauer höllischer Macht entgegen, dass ich nicht durchkomme und unter Tränenfluten den Kampf aufgebe.'
Sie ist kein gefallenes Mädchen, sie steht nur in großer Gefahr, wenn sie mit Männern in freundschaftliche Beziehungen kommt. Ich sehe, dass der Herr Seine Gnadenhand wunderbar über sie gebreitet hat, sonst stände sie bei der traurigen Veranlagung noch ganz anders da. Man hat sie oft zu Ärzten gebracht, aber niemand hat die Sache durchschaut.. ." "Heute ist diese Schrift erfüllt!" fassen und glauben! In Jesus Christus steht das Gefängnis offen! In Christus kann keine Macht der Hölle sie hindern, hinauszugehen in die Freiheit. Vers 21: ist erfüllt!
Das junge Mädchen steht unter dem Gesetz; die frohe Botschaft des Evangeliums ist ihr noch nicht aufgegangen; sie zerarbeitet sich vergeblich. Sie steht unter dem furchtbaren "Unmöglich" von Römer 8, 3; es ist ihr in demselben Vers noch nicht enthüllt: Das Unmögliche tat (Vergangenheit, also vollbrachtes Werk) Gott! Nichts kann sie hindern, durch den Glauben an die durch Christus vollbrachte Erlösung aus dem "Unmöglich" hinauszugehen in das vollbrachte, vollkommene Heil.
Sie glaubt an das "Unmöglich", an die Gewalt ihrer Vorstellung, an die Macht der Ketten Satans, an die höllische Mauer, die sich ihr entgegenstellt, sie rechnet mit ihren bisherigen Erfahrungen, mit den unbekehrten Eltern, mit den Bekannten, mit den Verhältnissen, mit sich selbst, aber sie glaubt nicht an Jesus Christus, sie rechnet nicht mit der Kraft des Todes und der Auferstehung Christi, mit der überschwänglichen Größe Seiner Macht in denen, die Ihm vertrauen; sie rechnet nicht mit dem Blut des Lammes.
In dem Augenblick, in dem sie aufhört, an sich herum zumachen, weil sie sich mit Christus gekreuzigt und abgetan, gestorben und auferstanden sieht, ist sie frei. Es gibt keinen anderen Weg im Himmel und auf Erden und in alle Ewigkeit. Ein "Tropfen" des Blutes Jesu, ein Wort Seines Mundes macht freie Bahn mitten durch die Hölle hindurch. Aber wir müssen den Blick auf Ihn gerichtet halten. Rechnet damit, dass ihr in Christus der Sünde gestorben seid und dass ihr durch ihn für Gott lebt (Römer 6, 11).
Rechne nicht mit dir, mit der Sünde, mit Satan und Welt, rechne nur mit Christus, mit dem, was Er vollbracht hat, was Er ist. Erbliche Belastungen sind völlig gelöst in Seinem Blut (1. Petrus 1, 18ff.)! Nichts kann einen Menschen binden, der sich auf den Boden der durch Jesus Christus vollbrachten Erlösung stellt, ohne selbst noch etwas hinzu tun (!) zu wollen. Jesus Christus ist das Leben (nicht Christus und ich).
Die Frage ist jetzt nur, ob sie durch die offene Tür in die Freiheit gehen will, ob die Herrlichkeit des Herrn Jesus Christus ihr so aufgegangen ist, dass die Süßigkeit der Sünde dagegen verblasst. Was liest sie? Liest sie treu und betend ihre Bibel? Braucht sie daneben Romane? Betet sie? Wenn sie sich nicht anbetend in Jesu Herrlichkeit versenkt, kann ihr diese nicht über alles groß werden, kann sie die Freiheit nicht sehen! Setzt sie den Fuß im Namen Jesu durch die offene Tür, so kann nichts sie hindern! Der Teufel wird ihr vormachen, die Tür sei noch geschlossen. Da muss es sich zeigen, ob sie dem Herrn Jesus glaubt oder dem Teufel.
Sie muss immer wieder den Blick in Jesu Herrlichkeit tauchen und in jeder Anfechtung ruhig auf Ihn sehen: Du, mein Herr Jesus, hast für mich gesiegt, ich bin mit Dir gekreuzigt, angenagelt, Du führst den Kampf für mich (nicht ich), Du bist mein Sieg und mein Leben, Du bist größer als alles (Epheser 1, 18ff.)! Gott öffne ihr die Augen für unseren Herrn Jesus Christus! Wenn sie es wagt, Ihm zu vertrauen, ohne Rücksicht auf ihre eigenen Zustände, wird Er sie Schritt um Schritt wunderbar führen. Es ist ganz ausgeschlossen, dass Er die im Stich lässt, die Ihm vertrauen. - Auch die "Gemeinschaft der Heiligen" ist wichtig - keine Abkapselung, kein Einspännertum!
Die Anfechtungen können rein körperlicher Art und Herkunft sein, sodass Zustände des Körpers auf die Seele, das Gemütsleben, den Willen einwirken; oder sie können aus Erinnerungen oder von Dämonen stammen und auf uns einwirken. Da gilt es gerade, dass nicht das Ich erregt wird und sich zum - von vornherein aussichtslosen - Kampf aufmacht, sondern dass wir - mit Christus gekreuzigt - allein auf den Herrn Jesus Christus sehen, dem alle Gewalten und Kräfte untertan sind, der über sie triumphiert hat (Kolosser 2, 15) für uns durch sich selbst, damit so in diesem Glaubensblick die Herrschaft des Heiligen Geistes Geist, Seele und Leib regiere, am Kreuz halte und für die Offenbarung der Kraft Jesu Christi Raum mache. Wir sind gedeckt durch Seine Blutbesprengung (1. Petrus 1, 2).
Oft sucht der Feind uns festzunageln auf unsere körperliche Schwäche: "Du kannst eben nicht, du bist zu schwach." Auch das ist Ich-Krankheit. Körperliche Schwäche kann uns nicht hindern, Jesus Christus zu vertrauen, wie sie unseren Herrn Jesus nicht hindern konnte, in den Qualen am Kreuz dem Vater zu vertrauen und dadurch zu siegen. Aber wir möchten immer uns selbst und unsere Kraft und unseren Sieg fühlen, statt Jesus Christus zu vertrauen und dadurch zu siegen.
Trägheit, auch Geistesträgheit ist der beste Nährboden für Vergiftung des Gemüts- und Seelenlebens. Die beste Verteidigung ist der Angriff. Auch der körperlich Schwächste kann ein Feld der Betätigung im Dienst Jesu Christi finden und seine Geisteskräfte für Ihn einsetzen. Da schwindet die Sucht, sich mit sich selbst und seinen Zuständen und seiner Sünde - seinem Ich - zu beschäftigen.
Wir sollen uns mit der inneren und äußeren Arbeit und den Interessen - auch im Gebetsleben - nicht um den eigenen kleinen Kreis drehen, sondern hinaus streben ins weite Königreich Jesu Christi: Licht der Welt, Salz der Erde! Sollen wir warten, bis wir in unserem Gefühl und in unserer Erfahrung vollendete Heilige sind oder bis wir eine "tragfähige Gemeinschaft" für die anderen sind? Dann werden wir auf dieser Erde immer unfruchtbar und gebunden bleiben.
Heraus aus unseren Gefühlen und Erfahrungen, hinein in den Glauben an Christus! Je mehr wir eifrig danach streben, die Herrlichkeit des Herrn in Seinem Wort zu schauen, desto mehr verblasst in uns alle andere Herrlichkeit, und in dem Maß, wie das Wort - Christus - sich vermählt mit dem Menschen, in dem das Ich entthront ist, wird die Liebe Gottes ausgegossen in das Herz, sodass alle andere Liebe verweht und das Herz gesättigt ist von Seiner Liebe (Römer 8, 30ff.; 1. Korinther 6, 17; Johannes 17, 26). Nicht ich - Christus lebt in mir.
3a Das Ich-Leben als Tod des wahren Lebens (1)
3b Babel (2)
3c "Ich bin der Herr, mein Gott!" (3)
3d Das Ich als Selbstsucht und Selbstliebe (4)
3e Das Ich als Verzagtheit und Unglaube (5)
3f Das Ich auf dem Thron der Selbstgerechtigkeit (6)
3j Was bedeutet "Nicht ich"? (10)
3k Die Befreiung des Sklaven (11)