15.01.2024 | In „Das Johannesevangelium – Eine textlich-strukturelle Auslegung“ | von Freddy Baum
{31} Der triumphale Einzug Jesu in Jerusalem (Joh. 12,12-50 – Teil 1: Joh. 12,12-30)
Diese gingen zu Philippus, der aus Bethsaida in Galiläa war, baten ihn und sprachen: Herr, wir möchten Jesus gern sehen! (SLT 1951)
Die Erklärung beruht auf Versen des Johannesevangeliums, die mit Joh. 12,21 textlich-strukturell und inhaltlich zusammenhängen.
Der Wunsch der Hellenen, den Herrn zu treffen gleicht dem Ansinnen der zahlreichen jüdischen Menge ihn und Lazarus zu sehen.
Offenbar war die Kunde der vielen von Jesus getanen Zeichen bis zu den Nichtjuden vorgedrungen.
Vor allem Lazarus‘ spektakuläre Auferweckung führte dazu, dass Menschen aus anderen Nationen zu Jesus kamen.
Der Hinweis auf Bethsaida in Galiläa, Philippus‘ Herkunftsort, hängt laut Joh. 7,1*Joh. 12,21 damit zusammen, dass sich Jesus in Galiläa nicht aufhielt, weil ihn dort die ungläubigen Juden umbringen wollten, sodass die zu ihm kommenden Hellenen in einem scharfen Kontrast zu ihnen stehen.
Im Kontext von Joh. 7,1 geht es um die List der leiblichen Brüder Jesu, ihn nach Jerusalem zu locken, obwohl seine Zeit damals noch nicht erfüllt war.
Auch sie sind somit als das Gegenteil der gläubigen Hellenen offenbar.
Die Reihenfolge Hellenen, Philippus, Andreas entspricht in Joh. 1,40-47 der Ordnung (Johannes), Andreas, Petrus, Philippus und dem keinen Betrug kennenden Israeliten Nathanael.
In diesem Kontext wird das in Galiläa gelegene Bethsaida ebenfalls erwähnt, die Stadt des Philippus, Andreas und Petrus :Joh. 1,44:.
Der gläubige Jude Nathanael, eine Ausnahmeerscheinung in Israel, gleicht den gläubigen Hellenen.
Da der Hinaufstieg der Hellenen nach Jerusalem, um dort zur Zeit des Passah-Festes Gott anzubeten dem Hinzukommen Marias zur leeren Gruft Jesu entspricht, gleicht auch ihr Wunsch, Jesus sehen zu wollen der Feststellung Magdalenas, nicht zu „sehen“, wo man den Leib des Herrn beigesetzt hat.
Tatsächlich ist der Leib Jesu der wirkliche Tempel Gottes :Joh. 2,21; Joh. 4,23+24:, d. h., er ist der Ort, zu dem man kommen muss, wenn man Gott anbeten will.
Die Weihestätte des irdischen Jerusalem gleicht hingegen einer leeren Gruft, in der man Gott nicht vorfindet.
(Jerusalem entspricht auch Lazarus' leeren Gruft :Joh. 11,43+44:.)
Sie ist demnach eine antichristliche Fälschung, also ein finsterer Anti-Tempel Gottes.
Dass die Hellenen bzw. Maria Jesus zu sehen wünschten, deutet demnach ihre unbewusste Suche nach dem lebenden Licht an, um ihm in Wahrheit Ehre (Herrlichkeit) zu geben.
In diesem Kontext entsprechen Andreas und Philippus Petrus und Johannes.
(Andreas entspricht Petrus auch deshalb, weil er dessen leiblicher Bruder ist.)
Maria gleicht den Hellenen, deren Suche nach Jesus Andreas und Philippus dazu veranlassten, zum Herrn zu „laufen“.
Jesus, der lebende Tempel Gottes, ist das letztliche Ziel aller Gläubigen.
Im Kapitel "Das Herz des Johannesevangeliums" wird auf den Vorwurf des Antisemitismus und Antijudaismus eingegangen.