20.11.2023 | In „Das Johannesevangelium – Eine textlich-strukturelle Auslegung“ | von Freddy Baum
{29} Jesus erweckt Lazarus zum Leben (Teil 2/2: Joh. 11,36-54)
Und als er solches gesagt, rief er mit lauter Stimme: Lazarus, komm heraus! (SLT 1951)
Die Erklärung beruht auf Versen des Johannesevangeliums, die mit Joh. 11,43 textlich-strukturell und inhaltlich zusammenhängen.
Die himmlische Stimme des seine Schafe aus dem Hof des irdischen Jerusalem hinausführenden idealen Hirten ist die belebende Stimme Jesu, der den hörenden Lazarus beim Namen ruft, sodass dieser aus der Finsternis des Todes hinauskommt und in das Licht des Lebens gelangt.
Das „Lazarus“ genannte Schaf Jesu kannte die Stimme seines Hirten und es ließ sich aus der Gruft hinaustreiben, um seinem Herrn dorthin nachzufolgen, wo die Weide Gottes ist.
Judas Iskariot ist Lazarus' Gegenbild, denn er verließ Jesus, das Tag seiende Licht der Welt, und ging hinaus in die Jerusalemer Nacht der Sünde und des Todes.
Die ihm gegebene Zuordnung war eine andere. Der sich selbst Verwirklichende kam in den irdischen Hof und dessen Geist des Todes.
Lazarus Begeistung entspricht dem Umstand, dass Jesus seinen Geist den Jüngern gab. Der Herr hauchte sie mit dem heiligen Geist an, damit sie als lebende Gläubige die Autorität erhielten :Joh. 11,26:, die Sünden anderer entweder zu vergeben oder sie weiterbestehen zu lassen.
Joh. 4,53 [D179] <Joh. 8,7*> Joh. 11,43-45 [D178-180]
Joh. 4,53 Daher nahm der Vater zur ´Kenntnis, dass es in der jener Stunde war, in wder jener zu ihm ´sagte: Dein d Sohn lebt; und er, er treute* und sein ganzes d Haus*. (179)
Joh. 11,43 Und dies ´gesagthabend machte er mit großer Stimme ein Geschrei: LA´ŞAROS, komm herbei nach draußen!
Joh. 11,44 Und der Zutodegekommenseiende* ´kam heraus, der mit Scherstreifen Gebundenwordene an den Füßen und den Händen, und sein d Beaugtes* war mit dem Schweißtuch umbunden worden. Da sagt der JESuU´S zu ihnen: Löset ihn und ´lasst ihn weggehen.
Joh. 11,45 Viele aber aus den Juden, die zu der MARI´A ´Gekommenen und Erschauenden, wwas JESuU´S getan, treuten* hin ihn; (178-180)
Auf beiden Seiten des vorliegenden Versvergleichs geht es um einen Glauben, der möglich wurde, weil eine Belebung erfolgte.
In Joh. 4 glaubte ein königlicher Beamter Israels dem Wort Jesu, dass dieser seinem im Sterben liegenden Sohn das Leben rettet :Joh. 4,47:, sodass, nachdem gesehen wurde, dass der Knappe gesund geworden war, auch sein ganzes Haus mit ihm glaubte :Joh. 4,53:.
Diesem in Todesnot stehenden Sohn des königlichen Beamten entspricht in Joh. 11 der tote Lazarus, den Jesus erweckte, damit die Gläubigen, insbesondere Martha :Joh. 11,40:, die Herrlichkeit Gottes erblicken. Letzteres geschah auch, als Lazarus erstand :Röm. 6,4:.
Auch hier wurde der Kreis der Gläubigen nach dem Wunder größer, sodass die zu Maria kommenden Juden dem gläubigen Haus des königlichen Beamten der Juden entsprechen :Joh. 11,45; Joh. 4,53:.
Beim jeweiligen Tun, geht es um die Annahme Jesu als den, der vom himmlischen Vater entsandt wurde und dessen Bitten von Gott erhört werden :Joh. 11,41+42:.
Nur so kann nämlich verstanden werden, warum Jesus den Toten Leben aus dem Tod und den an ihn glaubenden Lebenden unvergängliches (DÜ: „unertötliches“) Leben geben kann :Joh. 11,25+26:.
Das jeweilige Ziel der Heilung bzw. Auferweckung war also der Glauben an die Stellung des Sohnes Gottes als der Gesandte des Vaters :Joh. 11,42+45: und damit der Glaube an sein himmlisches Wort :Joh. 4,50:.
Die Schriftgelehrten und Pharisäer waren jedoch Ungläubige.
Sie lehnten sich gegen die Stimme (das Gnadenwort) Jesu auf und bedrängten seine Gläubigen. Sie wollten diese weiterhin im Gesetz der Sünde und des Todes gefangen halten :Röm. 8,2; Joh. 8,36:.
Der zum Leben geheilte Sohn :Joh. 4,53: und der zum Leben auferweckte Lazarus :Joh. 11,44: entsprechen nach der vorliegenden textlichen Struktur der durch Jesus vor dem Tod bewahrten Ehebrecherin :Joh. 8,10+11:.
Dadurch, dass Jesus seine Stimme erhob :Joh. 8,7:, befreite er die Sünderin davor, in den Tod zu gehen, welcher ihr nach dem mosaischen Gesetz gebührt hätte.
Ihr Lebensgeber ließ die Frau nach dieser Rettung ebenso weggehen :Joh. 8,11:, so wie er später Lazarus wegschickte, nachdem er ihn hinaus in das Leben gerufen hatte :Joh. 11,44:.
Ein Fortschicken und Weggehen dessen, der zum Glauben erweckt wurde, finden wir auch im Bericht über den königlichen Beamten und seinen zum Leben geretteten Knappen, denn Jesus schickte den Adligen weg und dieser ging im Glauben :Joh. 4,50:.
Das Ziel der Belebung Jesu ist das Weggehen von Tod und Sünde, also ein Glaubensleben in der Kraft der Gnade.
Die Basis dieses neuen Lebens ist das Wort Jesu im Unterschied zum Gesetz des Moses.
Demnach stellt das Weggehen ein Verlassen des gesetzlichen „Lebens“ und seiner anklagenden und richtenden Autorität dar.
Das „Leben“ im Gesetz ist nämlich im Grunde kein Leben, sondern Tod :Joh. 5,24:.
In der Treue Jesu sind Schuld, Krankheit und Tod überwunden; die Rationen der Sünde weichen dem Gnadenreichtum Gottes :Röm. 6,23:, welcher das „ewige“ Leben ist :Joh. 3,16:.
Interessanterweise ist in Joh. 8 und Joh. 11 eine „Steinenthebung“ das äußere Zeichen der Rettung der Sünderin bzw. des Toten.
Das Gnadenwort Jesu in Joh. 8,7 „fegte“ die Gerichtssteine der Gesetzischen hinfort. In Joh. 11,41 hob es den Stein weg, der Lazarus‘ toten Leib in einer Gruft einschloss.
Am Ende des jeweiligen Tuns Jesu war der Gerichtsstein beseitigt und Leben und Gnade siegten.
In Joh. 8,7 forderte Jesus die gesetzlichen Ankläger der Frau dazu auf, „den Stein“ (si) zu werfen. Tiefer gesehen, geht es also um den einen Stein, der Lazarus im Tod hielt.
Wäre er „geworfen“ worden, dann hätte der Stein der Schriftgelehrten und Pharisäer die Frau in den Tod gebracht. Christus sorgte aber in seiner Gnade dafür, dass er weggehoben wurde.
Joh. 11,43+44 (Joh. // Offb.) Offb. 11,11+12
Im Kapitel "Das Herz des Johannesevangeliums" wird auf den Vorwurf des Antisemitismus und Antijudaismus eingegangen.