26.02.2024 | In „Das Johannesevangelium – Eine textlich-strukturelle Auslegung“ | von Freddy Baum
{33} Der wesenhafte Weg und sein neues Gebot (Joh. 13,31-Joh. 14,31)
Simon Petrus spricht zu ihm: Herr, wohin gehst du? Jesus antwortete ihm: Wohin ich gehe, dahin kannst du mir jetzt nicht folgen, du wirst mir aber später folgen. (SLT 1951)
Die Erklärung beruht auf Versen des Johannesevangeliums, die mit Joh. 13,36 textlich-strukturell und inhaltlich zusammenhängen.
Merkwürdigerweise scheint sich Joh. 13,36*Joh. 16,5 zu widersprechen.
Petrus fragte nach dem „Wohin“ des Weggehens Jesu. Der Herr sagte aber später, dass ihm niemand diese Frage gestellt hatte. Er tat dies paradoxerweise im selben Vers, in dem er davon sprach, zu dem zu gehen, der ihn entsandte. Jesus nannte also sein „Wohin“ klar mit Namen.
Die Lösung des Problems ist, dass ihn zum Zeitpunkt in Joh. 16,5 niemand danach fragte und Jesus in seiner Anmerkung auf den himmlischen Ort dessen abzielte, der ihn entsandt hatte.
Das textliche Zentrum von Joh. 13,36*Joh. 16,5 ist der Übergang von Joh. 14,31 zu Joh. 15,1, genauer gesagt die Formulierung „Richtet euch auf, wir sollten uns von dannen begeben“.
Diese Verse zeigen, dass sowohl Jesus als auch seine Jünger zum Gott-Vater gehen, der ihnen Ziel gibt, indem er als ein Landwirker („Weingärtner“) am wahren Weinstock und an dessen Reben arbeitet.
Der inhaltliche Unterschied in Joh. 13,36*Joh. 16,5 wird geklärt, wenn man weiß, dass diese beiden Verse in einem spiegelgleichen Aufbau zusammengehören.
Das Fragen bzw. Nichtfragen ist ebenso wie die Unfähigkeit bzw. Befähigung der Sklaven Gottes zur Nachfolge Jesu eine Sache des richtigen Zeitpunktes und Ortes.
(Seinem Diener Petrus sagte Jesus, dieser könne ihm dorthin nicht nachfolgen, wohin er wegging, obwohl Jesus später erklärte, seine Nachfolger würden dort sein, wo er ist.)
Außerdem bedingt die Nachfolge in den Himmel den zur Fruchtherrlichkeit Gottes führenden Tiefenweg des Todes, der nicht darin besteht, im Kampf gegen Blut und Fleisch die Seele für Jesus zu geben, sich also den Feinden des Sohns gewaltsam zu widersetzen, sondern im eigenen Seelenopfer nach dem Vorbild Jesu.
Mit seinem Schwert hieb Petrus Malchus, einem Sklaven des Hohepriesters, die Ohrmuschel ab. In diesem „Kampf“ glaubte er, seine Seele für Jesus geben zu können.
Die Knechte Jesu ringen aber nicht darum, dass er Babylon und ihrer Regentschaft (= Malchus) nicht ausgeliefert wird, denn das Reich des Herrn ist nicht von hier :Joh. 18,36:. Der „Kampf“ der Gläubigen ist ein anderer :Eph. 6,12:.
Erst nachdem Petrus diesen Lernprozess durchlaufen hatte, indem ihm in seinem Versagen gezeigt wurde, dass er in der Kraft seines eigenen Fleisches unmöglich richtig nachfolgen und seine Seele so geben kann, wie es Gott möchte :Joh. 13,38:, forderte ihn Jesus auf, ihm zu folgen.
In dieser Nachfolge verglich Petrus seinen Dienst nicht weiter mit dem der anderen Jünger. Sein Weg war nunmehr ein Opfer zur Herrlichkeit Gottes :Joh. 21,18+19:.
Zur wahren Nachfolge Jesu gehört also nicht nur der hierzu nötige korrekte Zeitpunkt und Ort, sondern auch das in der Macht Gottes vollbrachte entschlossene richtige Geben der eigenen Seele für Jesus.
Das Himmlische des „Wohin“ prägt das Denken und Tun derer, die dazu fähig sind, aus dieser finsteren Welt hinaus nach oben zu schauen.
Diese „Hinaufblickfähigen des Lichtes“ lassen sich in ihrer Nachfolge nicht durch irdische Begebenheiten und falsche Ziele in die Irre führen.
Im Kapitel "Das Herz des Johannesevangeliums" wird auf den Vorwurf des Antisemitismus und Antijudaismus eingegangen.