09.09.2024 | In „Das Johannesevangelium – Eine textlich-strukturelle Auslegung“ | von Freddy Baum
{45} Jesus erscheint den Jüngern (Joh. 20,19-23)
Ende der Mikrostruktur {45} Jesus erscheint den Jüngern (Joh. 20,19-23)
Welchen ihr die Sünden vergebet, denen sind sie vergeben; welchen ihr sie behaltet, denen sind sie behalten. (SLT 1951)
Die Erklärung beruht auf Versen des Johannesevangeliums, die mit Joh. 20,23 textlich-strukturell und inhaltlich zusammenhängen.
Dass den Gläubigen Jesu von oben die Vollmacht gegeben wurde, Sünden zu erlassen, stellt eine „Fortführung“ des auf Golgatha vollendigten Werkes Gottes dar, denn es ist der vollkommen unschuldige Herr, der hierin in seinen Leibesgliedern handelt.
Es ist seine in uns wirkende Autorität, die es uns ermöglicht, Sünden anderer Menschen zu vergeben oder sie ihnen festzuhalten. Nicht wir, sondern Jesus tut es durch uns.
Die uns vom Himmel gegebene göttliche Vollmacht übersteigt jede menschlich-irdische Gerichtsbarkeit um Dimensionen, auch die des Pilatus, der über die Hinrichtung oder Freilassung Jesu entscheiden konnte.
(Die himmlische Autorität ermöglicht uns, die relative Größe der jeweiligen Sünde einzuschätzen und die wesenhaften Hintergründe zu verstehen.)
Aus der vorliegenden Analogie kann man ableiten, dass das Festhalten von Sünden einem Todesurteil gleichkommt.
Wenn „wir“ den Menschen jedoch Sünden vergeben, kann kein Richter auch nur einen einzigen Grund dafür finden, sie zu verurteilen, sodass sie von den satanischen (= anklägerischen) Juden zu Unrecht der Sünde bezichtigt werden, denn sie wurden durch Jesus tatsächlich frei gemacht :Joh. 8,31+32:.
Wenn wir sie ihnen aber nicht vergeben, dann verbleiben die Menschen in der Todesbindung Satans, d. h. ihre um den Körper gewickelten „Scherstreifen“ und das um ihren Kopf gelegte „Schweißtuch“ halten sie weiterhin im finsteren „Grab des Lazarus“ gefangen, denn wir halten ihre Sünden fest.
Letztlich haben wir die Verantwortung für die gesamte Schöpfung.
Wir sollten die Menschen befreien und sie aus der finsteren Welt in das Licht Gottes weggehen lassen. Das ist der Sinn von Vergebung.
Wie aus der parallelen Struktur hervorgeht, wird Joh. 20,20a in Joh. 20,22+23 wiederholt.
Nachdem Jesus seine Jünger begrüßt hatte, zeigte er ihnen die Hände und die Seite.
Dementsprechend hauchte er sie in Joh. 20,22 an und forderte sie dazu auf, den heiligen Geist zu nehmen.
Die Hände und die durchbohrte Seite Jesu sind ein Zeichen des Fleisches.
Der Empfang des heiligen Geistes ist hingegen eine Bevollmächtigung und ein Zeichen des Geistes.
Die damit verbundene Befähigung der Jünger, Sünden vergeben zu können, erhält im Kontext der Wunden Jesu, also der an ihm begangenen Sünde, eine tiefere Bedeutung.
Im Kapitel "Das Herz des Johannesevangeliums" wird auf den Vorwurf des Antisemitismus und Antijudaismus eingegangen.