04.11.2024 | In „Das Johannesevangelium – Eine textlich-strukturelle Auslegung“ | von Freddy Baum
{49} Jesus und Johannes (Joh. 21,20-25)
Beginn der Mikrostruktur {49} Jesus und Johannes (Joh. 21,20-25)
Petrus aber wandte sich um und sah den Jünger folgen, den Jesus liebte, der sich auch beim Abendmahl an seine Brust gelehnt und gefragt hatte: Herr, wer ist's, der dich verrät? (SLT 1951)
Die Erklärung beruht auf Versen des Johannesevangeliums, die mit Joh. 21,20 textlich-strukturell und inhaltlich zusammenhängen.
In Joh. 21,20 geht es u. a. um die relative Nachfolge Jesu und um die Änderung der Reihenfolge derer, die seine Jünger sind.
Hierbei entspricht der Täufer Johannes dem Apostel Johannes.
Auch Petrus und der Evangelist Johannes wechselten sich während sie dem Herrn nachfolgten in ihrer räumlichen und zeitlichen Reihenfolge ab.
Der nach Johannes dem Täufer kommende Jesus war bereits vor ihm existent.
Der Täufer folgte also, ebenso wie der Apostel Johannes, dem Herrn nach.
Die Herzensausrichtung des von Jesus geliebten Jüngers findet im Tun Jesu ihr Vorbild, denn der den Gott herleitende Sohn kam in die Leibesbucht („Schoß“) des Vaters (JÜ: „Brust“) und Johannes ließ seinen Kopf während des Abendmahls auf die ebenfalls als „Leibesbucht“ (DÜ) bezeichnete Brust des Herrn nieder und fragte Jesus, wer ihn preisgeben wird.
Diese leibliche Ausrichtung Jesu bzw. des Johannes ist ein Ausdruck ihrer Liebe.
Das Hineinkommen in die Leibesbucht („Schoß“) des Vaters bzw. zum Brustbereich Jesu hat möglicherweise damit zu tun, dass die Jünger in die Gruft Jesu hineinkamen. Es steht also mit ihrer Nachfolge Jesu bis in den Tod in Verbindung.
In der Joh. 1,18*Joh. 21,20 betreffenden Analogie zwischen dem Herrn und Johannes nimmt Jesus die Vaterrolle für seinen geliebten Jünger ein.
Johannes‘ Liebe zu Jesus ist wiederum ein Zeugnis dafür, dass er denselben Gott-Vater wie Jesus hat.
Dieses Kennzeichen der Sohnschaft gilt für alle vom Herrn geliebten Jünger, die wegen der ihnen geschenkten selben Vaterschaft Gottes einander lieben und Jesus in Liebe nachfolgen.
Wie Joh. 13,36+37*Joh. 21,20+22 und Joh. 21,18+19 zeigen, besteht diese Nachfolge Jesu sogar darin, ihm bis in seinen Tod nachzukommen.
(Laut Joh. 13,36+37*Joh. 21,20+22 kann man eine solche Nachfolge von sich aus nicht bewerkstelligen. Wir werden jedoch von Jesus aufgefordert, diesen Weg in Gnade zur gegebenen Zeit zu gehen.)
Diesbezüglich ging Petrus dem Apostel Johannes voraus, d. h., er ging, tiefer gesehen, vor Johannes in die „Gruft Jesu“ ein, starb also vor ihm, obwohl der geliebte Freund Jesu (Johannes) im Lauf zu diesem Grab dem Petrus vorausgeeilt war, also dort als Erster ankam.
Merkwürdigerweise dreht sich diese christuszentrierte Reihenfolge der beiden Jünger in Joh. 21,20 um.
In seiner eigenen Nachfolge des auferstandenen Herrn sieht Petrus Johannes als jemanden, der Jesus und ihm nachfolgt. Was das Erreichen des lebenden Sohn Gottes angeht, wird Johannes der Letzte sein.
Wie die vorliegenden Joh. 21,20 betreffenden textlichen Makrostrukturen zeigen, gibt es auf die Frage des Johannes „Herr, wer ist es, der dich überliefert?“, je nach der jeweiligen Deutungsebene, vielschichtige Antworten:
Die Juden, die Nation und der Hohepriester bzw. der sich oben befindende Teufel lieferten Jesus Pilatus aus. Judas übergab ihn zuvor den Juden.
Zu Joh. 21,20, siehe Joh. 21,24+25.
Joh. 21,20 (Joh.*Offb.) Offb. 1,12+13
Joh. 21,20+23 (Joh.*Offb.) Offb. 1,12+17
Im Kapitel "Das Herz des Johannesevangeliums" wird auf den Vorwurf des Antisemitismus und Antijudaismus eingegangen.